Wissenschaft per Pressemitteilung: Cancer Research UK

Wissenschaft per Pressemitteilung: Cancer Research UK

Übersetzung: Bernd Palmer, 02-07-08

Schon wieder “Wissenschaft per Pressemitteilung”: Cancer Research UK rühmt den Einfluss des englischen Rauchverbots auf die Raucherrate, will aber die Studie nicht offenlegen. Am Montag [30. Juni 2008] gab Cancer Research UK eine Pressemitteilung heraus, in der die Resultate einer neuen Studie gerühmt werden, die zeigen soll, dass das nationale Rauchverbot 400‘000 Raucher zum Aufgeben des Rauchens veranlasst hat, was 40‘000 weniger Todesfälle während der nächsten zehn Jahre bedeute.


Aus der Pressemitteilung: „Die Smoking Toolkit-Studie – finanziert von Cancer Research UK, McNeil, Pfizer und GlaxoSmithKline, die an der UK National Smoking Cessation Conference vorgestellt wurde, befragte mehr als 32‘000 Menschen neun Monate bevor und neun Monate nachdem das Rauchverbot am 1. Juli in Kraft trat.
Die Abnahme der Raucherrate betrug vor dem Rauchverbot 1.6% im Vergleich zu einer beeindruckenden Rate von 5.5% nach dem Rauchverbot. Auf Grund dieser Erkenntnisse schätzen die Wissenschaftler, dass mindestens 400‘000 Menschen auf Grund des Rauchverbots das Rauchen aufgaben.“
Die Resultate der Studie wurden in den Medien weit verbreitet. Der Rest der Geschichte Der Rest der Geschichte ist, dass Cancer Research UK zwar die Ergebnisse der Studie veröffentlicht hat, sich aber weigert, die Studie selbst, mit detaillierten Angaben über die Methoden und Ergebnisse, offen zu legen.
Es besteht deshalb keine Möglichkeit, die Methoden zu beurteilen und die Gültigkeit der Schlussfolgerungen zu überprüfen.
Es ist bedauerlich, dass die Studienautoren nicht bereit sind, die vollen Ergebnisse freizugeben, weil es ohne Kenntnisse über Einzelheiten der Methoden und der Ergebnisse
Für Aussenstehende nicht möglich ist, die Studie nachzuvollziehen und ihre Gültigkeit zu überprüfen.
Ich bin persönlich der Ansicht, daß Forscher Studienergebnisse nicht über Medienkanäle verbreiten sollten, bevor sie nicht die Studie selbst offengelegt haben. […]
Es geht mir hier nicht so sehr um die Raucherentwöhnungsrate, die wir hier nicht beurteilen können, sondern darum, ob es richtig ist, Wissenschaft per Pressemitteilung“ zu betreiben, also offensichtlich wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse über die Medien bekannt zu geben, ohne Möglichkeit, die Ergebnisse einer Review zu unterziehen. Das Problem besteht insbesondere darin, dass es nach der Publikation in den Medien ist, eventuelle Korrekturen
anzubringen; es ist zu spät, die Information wurde bereits hinausposaunt. Interessanterweise habe ich diese Vorgehensweise insbesondere bei Studien beobachtet,
die die Wirkung von Rauchverboten (insbesondere die Veränderungen der Herzinfarktraten nach Rauchverboten) zum Inhalt hatten. Interessierte Leser sollten sich die anderen Artikel ansehen, in denen ich auf die übereilten Schlussfolgerungen zu den Herzinfarktraten hingewiesen habe:
http://tobaccoanalysis.blogspot.com/2008/06/media-reports-decline-of-up-to-40-in.html
http://tobaccoanalysis.blogspot.com/2008/02/more-science-or-mythology-by-press.html
http://tobaccoanalysis.blogspot.com/2007/09/dangers-of-science-by-press-release.html
http://tobaccoanalysis.blogspot.com/2007/09/scottish-smoking-ban-study-is-example.html
http://tobaccoanalysis.blogspot.com/2007/09/science-by-press-release-new-tobacco.html

Auszugweise übersetzt aus http://tobaccoanalysis.blogspot.com/2008/07/more-science-by-pressrelease- cancer.html
Der Autor, Prof. Dr. Michael Siegel, ist Arzt, spezialisiert in vorbeugender Medizin und Volksgesundheit, Professor an der Fakultät für Social and Behavioral Sciences der Boston University School of Public Health. Er hat 20 Jahre Erfahrung in der Tabakkontrolle, hauptsächlich als Wissenschaftler. Seine Interessensgebiete umfassen: die gesundheitlichen Folgen von Passivrauch, Regulierung des Rauchens an öffentlichen Plätzen, Auswirkungen des Tabakmarketings auf das
Rauchverhalten Jugendlicher und Beurteilung von Tabakkontrollprogrammen und -gesetzen.


Übersetzung: Bernd Palmer, 02-07-08


Red.