FLUCHTGESCHWINDIGKEIT

FLUCHTGESCHWINDIGKEIT

Frank Davis auf Deutsch

(Originaltitel: Escape Velocity)

»Smokingscot hat einen eigenen Blog, auf dem er regelmäßig wohlüberlegte Aufsätze schreibt. Sein neuester beginnt mit einer vielsagenden Beobachtung:

„Ich habe oft darüber nachgedacht, was der wirkliche Unterschied ist zwischen Leuten, die arbeitslos sind, und solchen, die ‚verbannt‘ sind (um Frau Arnott von ASH zu zitieren).

Von der Semantik abgesehen gibt es keinen. Die Arbeitslosen können kein Geld ausgeben, weil sie es nicht haben, während die Mehrzahl der Raucher kein Geld ausgibt, weil für sie kein Platz zum Geldausgeben da ist, an dem sie sich wohlfühlen oder einen Gegenwert dafür bekommen. Die Auswirkung auf die Wirtschaft ist dieselbe.“

Ist das nicht so was von wahr?

Smokingscot weiter:
„So wie ich es sehe, haben wir mit Sicherheit dazu beigetragen, die Rezession zu verschärfen und zu verlängern. Wir haben mindestens um die 2,2% des Bruttoinlandsprodukts vom Dienstleistungssektor weggeputzt, und daran wird sich nichts ändern. Doch es passt zu den Ökonomen und Gesundheitlern, diese Tatsache zu ignorieren. Otto Normalbürger mag ein paar Kneipenschließungen mitbekommen haben, ein, zwei Cafés mit neuem Inhaber oder leerstehend – und vielleicht die komische verlassene Bingohalle. Aber er würde nie glauben, dass es so eine Auswirkung haben könnte, wenn wir ein paar Biere, Kaffees, Essen und belegte Brötchen nicht konsumieren.
Das kommt daher, dass man uns auf der Straße rauchen sieht und davon ausgeht, dass wir auch alles andere genauso machen wie vor dem Rauchverbot. Warum auch nicht? Es ist eine völlig logische Annahme. Otto Normalbürger denkt das, die Ökologen denken das, und auch Politiker gehen davon aus. Gut, sie rauchen nicht, sie sehen keinerlei Grund, warum wir unser Allerbestes tun, die Berappung ihrer Tabaksteuer zu umgehen oder Orte meiden, wo wir uns zum Rauchen unbehaglich fühlen, und warum wir im tiefsten Inneren köcheln. Nicht in einer negativen Weise, die für uns selbst zerstörerisch wäre, nein, wir köcheln auf sehr gesunde Art, stets Ausschau haltend nach Wegen, dem System zu trotzen. Und auf die Abrechnung.“

Diesen Artikel zu lesen war für mich wie ein Blick in den Spiegel. Aber ich hatte das Gefühl, dazu wäre noch eine Menge mehr zu sagen.

Eine weitere Auswirkung des Rauchverbots war, dass ich keine Ärzte mehr aufsuchte. Ich fing an, die gesamte Ärzteschaft als Feinde zu betrachten. Was sicherlich unfair ist, denn viele Ärzte sind gewiss keine erbitterten Antiraucher, aber es ist nun mal so, dass ihrem Berufsstand ein Haufen prominenter Antiraucher angehört. Seit 10 Jahren nun war ich bei keinem Arzt, bekam kein Rezept ausgestellt. Davon ausgehend, dass sie mit den Augen rollen würden und mir ca. zehn verschiedene teure Medikamente verpassen würden, wenn ich je bei ihnen aufkreuzen würde. Ich wurde zum Nichtverbraucher für die Pharmaindustrie.
Ich schaue auch kein Fernsehen mehr, kaufe keine Fernseher, zahle keine Gebühren. Auch hier bin ich zum Nichtverbraucher geworden.

Die „Verbannung nach draußen“ ist das Mindeste von allem. Für mich bedeutete das Rauchverbot den vollkommenen Ausschluss aus der Gesellschaft. Ich bin überall unwillkommen. Nicht nur in Kneipen und Cafés und Restaurants, sondern ebenso in Kinos, Theatern, Kunstgalerien, Museen, Hotels, Flugzeugen, Zügen, Bussen. Und ich bin unwillkommen in Frankreich und Spanien und so ziemlich überall in Europa. Ja sogar so ziemlich in jedem Land der Welt. Also wurde ich auch dort überall zum Nichtverbraucher. 6 Jahre ist es nun her, dass ich Großbritannien zum letzten Mal verlassen habe.
In den letzten Jahren habe ich mich nicht weiter als 40, 50 km von zu Hause herumgetrieben. Ich fahre nur noch mit meinem Auto irgendwo hin und bin stets bestrebt, vor Anbruch der Nacht wieder daheim zu sein. Das Letzte, was ich tun möchte, ist in einem grässlichen Nichtraucherhotel zu übernachten. Von meiner Werkstatt bekam ich daher vor ein, zwei Jahren zu hören, dass ich den Wagen „nicht genug ausfahre“.

Es war ein schrittweiser Rückzug. Er geschah langsam. Und er wird immer noch gründlicher.
Ich nehme an, dass meine Verabschiedung als Verbraucher von so vielen Märkten die Wirtschaft viel mehr kostet als ein paar hundert Pfund im Jahr.

Mein Eindruck ist, dass die Antiraucher dachten, so wie Sir George Godber, dass die Raucher „eine Weile lang bockig“ sein und sich dann der Gesellschaft wieder anschließen würden, aus der sie vertrieben wurden, und genau da weitermachen, wo sie aufgehört hatten. Ich aber habe, mehr so wie manche der Asteroiden in meinem Umlaufbahnen-Simulationsmodell, anscheinend Fluchtgeschwindigkeit erreicht und entferne mich immer weiter und weiter. Denn ich habe nicht den Wunsch, mich ihrem neuen, rauchfreien Utopia wieder anzuschließen. Ich verabscheue es abgrundtief. Und ich werde es immer verabscheuen.

Keine Ahnung, wie viele Leute so sind wie ich. Vermutlich ziemlich viele, die einen etwas mehr, die anderen weniger.
Eines Tages, denke ich mir gern, wird es eine umfassende Untersuchung geben, in der die volle Auswirkung der Rauchverbote den vergesslichen Ökonomen und Politikern und Fachgelehrten letztlich vor Augen geführt wird. Ein schockierender Lesestoff wird das dann vermutlich sein.«

Original: https://cfrankdavis.wordpress.com/2016/05/11/escape-velocity/

NWR-FB-Permalink: https://www.facebook.com/groups/NetzwerkRauchen/permalink/10153382169496595/

Frank Davis auf der Netzwerk Rauchen – Facebook-Gruppe: https://www.facebook.com/groups/NetzwerkRauchen/search/?query=frank%20davis

Red.