Noch drei Monate Menthol

Noch drei Monate Menthol

Bild von simisi1 auf Pixabay

Mentholzigaretten und Mentholtabak sind ab dem 20.5.2020 in der EU verboten. Zeit, sich Vorräte anzulegen. Und mit Alternativen zu experimentieren.

Die EU-Tabakproduktrichtlinie (TPD 2), die 2016 in Deutschland in Kraft getreten ist, verbietet „charakteristische Aromen“ in Industriezigaretten und Feinschnitt-Tabaken, „unter anderem Früchte, Gewürze, Kräuter, Alkohol, Süßigkeiten, Menthol oder Vanille“ (Art. 2 Nr. 25). So dürfen z.B. indonesische Nelkenzigaretten (Kretek) seit Mai 2016 in der EU nicht mehr hergestellt und seit Mai 2017 nicht mehr verkauft werden. Eine Ausnahme sieht die TPD aber vor (Art. 7 Nr. 14): Wenn ein solches Aroma „unionsweite Verkaufsmengen 3 % oder mehr einer bestimmten Erzeugniskategorie“ erzielt, gilt der 20 Mai 2020 als Stichtag. Was ist damit gemeint? Ausschließlich Menthol. Ist zwar ein Nischenprodukt, aber im Gegensatz zu anderen Aromen weist es einen gewissen Nutzungs- und Bekanntheitsgrad in der Welt des Tabakgenusses auf.

Da das Aromenverbot nur für „Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen [und -stopfen]“ gilt, müssten Zigarillos und Shisha-Tabak eigentlich außen vor bleiben, oder? Nein, denn alle möglichen Zusatzstoffe wurden aus anderen Gründen bereits für sämtliche Tabake verboten (Tabakerzeugnisverordnung, Anlage 1). Bei Menthol lautet die Bann-Begründung, dass es „das Inhalieren oder die Nikotinaufnahme erleichtern“ soll. Es gilt auch nach dieser Bestimmung (nur) für Menthol eine Ausnahme bis einschließlich zum 19. Mai 2020. Danach keine Mentholzigarillos oder entsprechenden (Wasser)Pfeifentabak mehr…

Übrigens wurden durch die deutsche Umsetzung der EU-Richtlinie (siehe hier und hier) „verschiedene Arten der Mentholzigaretten“ schon 2016 verboten, wie der Deutsche Zigarettenverband (DZV) beklagt. Einige Marken gibt es aber nach wie vor, nur eben nicht mehr lange. Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt wäre als starker Raucher der Marke Reyno ebenfalls betroffen, wenn ihn der Tod nicht schon im zarten Alter von knapp 97 Jahren dahingerafft hätte. Er soll seine Lieblingsmarke vorher noch stangenweise gehortet haben, um auf die TPD 2 vorbereitet zu sein – sein Frühableben verschonte ihn dann aber vor Ekelbildern und Aromaverboten.

Begründet wurde dieses Verbot übrigens damit, dass gewisse Geschmacksrichtungen Heranwachsende angeblich zum Rauchen ‚verführen‘. Wie immer bei den Antirauchern und wie üblich bei der EU nur eine vorgeschobene Ausrede. Eine besondere Popularität von Mentholzigaretten bei jungen Rauchern lässt sich in Deutschland gerade nicht feststellen. Egal, Hauptsache wieder eine Gängelung mehr gegen Tabakgenießer. Und eine massive Einschränkung der Angebotsvielfalt für die Verbraucher.

Der Versuch eines mittelständischen Herstellers aus Deutschland, per Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), dem Pseudo-Verfassungsgericht der EU, das Aromenverbot zu Fall zu bringen, blieb 2019 leider – aber erwartungsgemäß – erfolglos. Verbraucher hätten genug Zeit, „zu anderen Erzeugnissen zu wechseln“. Wer also bisher Mentholzigaretten raucht, kann das in drei Monaten nicht mehr – toller „Wechsel“, so sieht Wahlfreiheit à la EUdSSR aus.

Am 30. Mai ist der Weltuntergang“ hieß es früher im Lied, wird jetzt der 20. Mai zum Weltuntergang für Menthol-Liebhaber? Nicht ganz, denn man kann mehreres tun:

Hamstern

Sie können sich Vorräte anlegen. Bei guter Lagerung können Zigaretten zwei Jahre halten. Wenn man Qualitätseinbußen in Kauf nimmt, auch länger. Siehe hier unsere Tipps zur Bevorratung. Rund zwei Dutzend Zigarettenmarken mit Menthol gibt es derzeit noch auf dem Markt, zu finden in unserer Suche (Suchbegriffe: „Menthol“, „Ice“) und noch zwei, drei einschlägige Marken beim Dreh- und Stopftabak (den man nicht so lange lagern kann, ohne dass sich die Qualität verschlechtert). Netzwerk Rauchen rät Interessierten zum schnellstmöglichen Hamsterkauf!

Do-it-yourself

Außerdem können Sie selbstgemachte Alternativen ausprobieren.

Zum einen besteht die Möglichkeit, aromatisierte Filter zu erwerben. Für Stopftabak gibt es Hülsen mit einer Kapsel im Filter, die nach Drücken das Mentholaroma freisetzt. Auch für Drehtabak existieren Mentholfilter.

Zum anderen lässt sich der Tabak selbst entsprechend behandeln. Auf dem Markt finden sich sogenannte Flavo(u)r Cards/Strips und Ampullen verschiedener Marken. Karten und Streifen werden in den Tabak gelegt, der Ampulleninhalt darauf geträufelt und je nach Produkt dauert es von einer Viertelstunde bis zu mehreren Stunden, und der hat Tabak den gewünschten Mentholgeschmack angenommen, versprechen Hersteller und Händler. Als Tabak dafür eignet sich aus Sicht des Netzwerk Rauchen – entsprechend dem Profil bestehender Metholzigaretten-Marken – besonders American Blend mit höheren Nikotinwerten. Es wäre auszuprobieren, ob z.B. Geschmackskarten auch bei Fertigzigaretten funktionieren, indem man sie in die Packung legt. Oder man träufelt gleich selbst Minzöl auf den Tabak.

Schließlich lässt sich beides kombinieren, ein aromatisierter Filter mit aromatisiertem Tabak. Für Informationen über einschlägige Produkte konsultieren Sie den Fachhandel, auch auf Händlerseiten im Internet. Viel Erfolg bei Ihren Experimenten, und berichten Sie bitte über Ihre Erfahrungen unten in den Kommentaren zu diesem Beitrag!

Red.