Relatives Risiko und Odds Ratio

Relatives Risiko und Odds Ratio

Epidemiologische Studien geben nicht das wirkliche Risiko, an einer Krankheit zu erkranken oder zu sterben an, obwohl es verständlicher und leichter nachvollziehbar wäre. Aber die Zahlen wären dann weniger eindrücklich.

Fast ausnahmslos wird in Studien das relative Risiko (Relative Risk) angegeben, welche das Risikoverhältnis zwischen zwei Bevölkerungsgruppen ausdrückt. Ein relatives Risiko von 1.0 bedeutet, dass kein Risikounterschied besteht. Wenn in der ersten Gruppe ein Fall einer Krankheit auftritt und in der zweiten Gruppe zwei Fälle derselben Krankheit auftreten, ergibt sich ein relatives Risiko von 2/1=2.0, oder ein um 100% erhöhtes relatives Risiko – ein beeindruckende Zahl, aber in der Realität handelt es sich nur um eine einzige zusätzliche Person.

Ähnlich eindrücklich klingt eine fünfzigprozentige Verminderung des relativen Risikos für eine Herzkrankheit. Bis man sich bewusst wird, dass das tatsächliche Risiko in der Gesamtbevölkerung zum Beispiel nur 0.5% beträgt. Die fünfzigprozentige Verminderung des Risikos würde dann, gemessen an der Gesamtbevölkerung, ein absolutes Risiko von 0.25% bedeuten. Die absoluten Zahlen haben also ihre Wichtigkeit.

Trotzdem orientieren wir uns in der Regel am relativen Risiko, wenn es darum geht, die Wahrscheinlichkeit abzuschätzen, dass wir an einer bestimmten Krankheit erkranken.

Alternativ zum relativen Risiko wird in Studien oft anstelle des relativen Risikos das Odds Ratio angegeben, das sehr viel schwieriger zu verstehen ist. Das Odds Ratio vergleicht Odds anstelle von tatsächlichen Vorkommnissen. Wie Professor John Brignell, Autor von „The Epidemiologists: Have they get scares for you!“, bemerkt, handelt es sich um eine populäre Taktik in pseudowissenschaftlichen Abhandlungen, weil das Odds Ratio einen kleinen Effekt stark übertreiben kann, wie das Beispiel zeigt:

Wenn das Verhältnis zwischen Jungen und Mädchen ausgeglichen ist, dann sind unter 100 Kindern 50 Mädchen und 50 Jungen zu finden. Das relative „Risiko“, Junge oder Mädchen zu sein ist 1. Wenn sich unter den 100 Kindern ein Junge mehr befindet, muss die Zahl der Mädchen um Eins niedriger sein (51 Jungen+49 Mädchen=100).  Das Odds Ratio errechnet sich daraus als 51/49 = 1.04, eine Steigerung von 4%. Das Verhältnis hat sich also um 1% geändert, das Odds Ratio weist aber einen Wert von 4% aus.

Bei hoher Anzahl der beobachteten Vorkommnisse kann ein vermindertes Odds Ratio sehr viel grösser sein als das relative Risiko, was zu starken Verzerrungen führt. Wie Jon Deeks, Centre for Statistics in Medicine, Institute of Health Services, Oxford, erklärt:
Angenommen es sind zwei Gruppen, eine mit einem Sterberisiko von 25%, die andere mit einem Sterberisiko von 75%. Das relative Risiko ist 3, das Odds Ratio ist 9. Ein Unterschied im Sterberisiko von 10% zu 90% ergäbe ein relatives Risiko von 9 aber ein Odds Ratio von 81. Das Odds Ratio hat also die Tendez, den Effekt zu übertreiben.

Die Unterschiede zwischen relativem Risiko und Odds Ratio können je nach Aufbau der Studie recht komplex werden. Für die Betrachtung der meisten Studien kann man vereinfacht davon ausgehen, dass die beiden Werte ähnlich sind und dass das OR zu höheren Werten tendiert. Bei Studien mit Angabe von OR ist es umso wichtiger, scih von der Richtlinie leiten zu lassen, dass Werte von weniger als 3 (oder 200% Unterschied) statistisch schwach und unhaltbar sind.

Quelle: Junkfood Science

Red.