Tabak ist mein Gemüse

Tabak ist mein Gemüse

Zum 30. Todestag von Frank Zappa

Bild: Engramma.it, n. 64, agosto 2008, Wikimedia Commons, Lizenz CC BY-SA 3.0 Deed Attribution-ShareAlike 3.0 Unported

„Tabak ist mein Lieblingsgemüse“, sagte der US-amerikanische Musiker und Komponist Frank Zappa kurz vor seinem Tod. Der jährte sich diesen Monat zum 30. Mal. Eine Interviewerin fragte den exzentrischen Künstler, als ihm der Prostatakrebs bereits sehr zu schaffen machte, ob ihn denn nichts vom Rauchen abhielte. Zappa, der starke Raucher, antwortete: „Ich glaube nicht, dass all die Geschichten über die üblen Wirkungen des Tabaks zutreffen.“ Für ihn war Tabak wie ein Nahrungsmittel.

Manche, darunter insbesondere Antiraucher, mögen jetzt entgegnen: Aber er hatte doch Prostatakrebs, und ist daran auch gestorben. Das ja. Aber einen Zusammenhang zwischen dieser Krebsart und dem Rauchen herzustellen, fällt nicht gerade leicht. Eine Metaanalyse entsprechender Studien fand bei allgemeiner Betrachtung kein erhöhtes Risiko, lediglich mit Blick auf die Dosis konnte man kleine Risikosteigerungen herbeirechnen. Doch verbleibt man bei so niedrigeren Relativen Risiken, dass die Resultate als unzuverlässig gelten müssen. (Siehe dazu z.B. „Heiße Luft. Lungenkrebs und ‚Passivrauch’“, S. 8.) Im Übrigen: Selbst wenn man die Ergebnisse der Analyse als harte Zahlen ernstnähme, wären auch bei den stärksten Rauchern die allermeisten Fälle von Prostatakrebs nicht auf Tabakkonsum zurückzuführen.

Zappa ließ sich ohnehin nicht in sein Leben hineinreden. Der freiheitliche Individualist setzte sich für Meinungs- und Kunstfreiheit ein, verabscheute Kommunisten und bekämpfte die religiöse Rechte entschieden. Sein hier bekanntester Song, „Bobby Brown“, wird in den USA aufgrund seines Textes nicht im Radio gespielt.

Der experimentelle und provokative Musiker äußerte sich wiederholt zum politischen Umgang mit Tabak. 1984 verspottete er bei einer Veranstaltung – selbstverständlich auf der Bühne rauchend – die in der Antiraucherhochburg kursierende Vorstellung, die Auslöschung des Tabaks führe zu ewigem Leben. 1992 erklärte er in einem Interview, den Daten nicht zu trauen, denen zufolge Passivrauchen eine Gefahr sei, auch weil sie von der US-Regierung kämen. Er hat Recht behalten. Außerdem wies er darauf hin, dass Raucher auch Rechte als Minderheit genießen – die damals in Ländern wie den USA noch viel größer war. Zappa: „Wer glaubt, durch das Ausmerzen sämtlichen Tabakrauchs in den Vereinigten Staaten die Lebensqualität für jeden im Lande verbessern zu können, der wäre wahnsinnig.“ Drei Jahrzehnte und eine nicht zuletzt im „land of the free“ viel niedrigere Raucherquote später müssen wir ihm auch hier Recht geben.

Die ganze Sache war in den USA (mit ihrer puritanischen Tradition) längst wieder eine Moralfrage geworden und gehörte nach Zappas Verständnis daher nicht in Gesetzesform gegossen. Der passionierte Kaffeetrinker und Raucher mit Migrationshintergrund aus dem Mittelmeerraum gab an, aus Rücksicht auch mal darauf zu verzichten, in Gegenwart bestimmter andere Person dem Genuss zu frönen. Es gab ja genügend andere Gelegenheiten, wie im Gespräch mit seinem Fan Václav Havel, dem damaligen Präsidenten der Tschechoslowakei (siehe Foto). 1977, als Havel die berühmte Charta 77 mitverfasste, sprach Zappa jenseits des großen Teichs prophetische Worte:  Man hält die Illusion der Freiheit aufrecht, bis es zu aufwendig wird. Dann zieht man im Theater einfach den Vorhang weg, entfernt die Requisiten und gibt den Blick frei auf die steinerne Rückwand des Baus.

MIB