Umsatzsteuersenkung: Keine Bescherung für Raucher

Umsatzsteuersenkung: Keine Bescherung für Raucher

Bild von Bru-nO auf Pixabay

Von Juli bis Dezember dieses Jahres gelten verminderte Umsatzsteuersätze. Die Steuer, umgangssprachlich auch als Mehrwertsteuer bekannt, beträgt für diesen Zeitraum 16 statt 19 Prozent bzw. – für den verminderten Satz – 5 statt 7 Prozent. Mit dieser symbolischen Entlastung will der Bund die Unannehmlichkeiten der Corona-Notverordnungspolitik erträglicher machen.

In der Folge ist es zu geringen Preissenkungen bei vielen Produkten gekommen. Und wie sieht es bei Tabakwaren aus? Deren monströse Preise liegen vor allem an der turmhohen Tabaksteuer, an deren Senkung außer uns niemand denkt. Da die Umsatzsteuer aber auch auf diese erhoben wird (Doppelbesteuerung!), würde eine temporäre Senkung sich durchaus bemerkbar machen. Kleinvieh macht auch Mist. Eine Packung Zigaretten zum Preis von 7 Euro würde nur 6,82 Euro kosten.

Allerdings: würde. Denn von einer Umsetzung kann nicht die Rede sein. Beim Kauf von Tabak und Zigaretten bleibt die Steuersenkung zwar nicht auf der Strecke, kommt aber nicht als Preissenkung beim Endkunden an. Woran liegt’s? Die gesetzlichen Vorgaben zur Tabaksteuer (Bundesebene, auch die EU spielt mit rein) stellen zu hohe Hürden, um zeitnah und flexibel auf eine solche Situation reagieren zu können. Alleine die Lieferung neuer Steuerzeichen mit einem verminderten Preis würde Monate dauern, und zu einem Preis unterhalb des auf der Steuerbanderole angegebenen darf kein Händler verkaufen.

Versucht trotzdem jemand, den Verbrauchern etwas Gutes zu tun? Netzwerk Rauchen hat die Herstellerunternehmen und die Verbände der Tabakwirtschaft angeschrieben und um Aufklärung gebeten. Bei den Herstellern haben einige wenig kleinere, von im Wesentlichen Zigarren und losem Tabak, geantwortet. Seitens der Verbände erreichte uns eine höhere Quote an Rückmeldungen. Jenseits der Industriezigarette und im Mittelstand – sofern man sich die Mühe gemacht hat, Näheres auszuführen – lässt man glaubhaft verlauten, dass der Aufwand nicht vertretbar gewesen wäre und einem durch die rigiden gesetzlichen Vorgaben die Hände gebunden sind. Ein kleiner Produzent meint: „Dies hätten allenfalls die Großkonzerne aufgrund ihrer Mengen einrichten können.“

Die großen Zigarettenhersteller, inklusive der internationalen Konzerne, haben uns allerdings nicht geantwortet, sondern verstecken sich hinter ihrem Verband, dem Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE). Der geht zu Recht davon aus, dass sich der Aufwand für kleine und mittlere Unternehmen bei einer so kurzen Zeitspanne nicht lohnen würde. Er verweist zudem darauf, dass es 12 Wochen dauere, bis man von der Finanzverwaltung neue Steuerbanderolen erhält, und einen ähnlichen Zeitraum, um sich neue Strichcodes für die Verpackungen zu besorgen. Hätten die großen Konzerne nicht hingehen und im Sommer entsprechend aktiv werden zu können? Dann wären deren Waren wenigstens für ein Vierteljahr günstiger geworden. Dazu äußert sich der BVTE nicht, er kann und darf auch keine Angaben zur Preispolitik einzelner Mitgliedsunternehmen machen. Offenbar fand es dort niemand der Mühe wert, ein solches Unterfangen zu starten oder jedenfalls den Kunden bzw. uns zu erläutern, warum nicht. Zumindest bei der zeitgleichen Einführung neuer Packungsgrößen u.ä. wäre dies überlegenswert gewesen.

Wenn die Verbraucher schon in die Röhre schauen, was passiert dann mit der auf Herstellerseite eingesparten Umsatzsteuer? Teilweise wird sie an den Großhandel bzw. den Einzelhandel weitergereicht. Matthias Junk, Geschäftsführer des Hamelner Produzenten JUNK zeigt sich empört, dass „die Industrie und einige kleinere Anbieter, die sich angeschlossen haben, den größten Teil des Mehrwertsteuermehrertrags selbst abgeschöpft“ hätten. Sein Unternehmen lasse den Einzelhändlern den zusätzlichen Ertrag. Der Hersteller Villiger betont ebenfalls, die Ermäßigung „in vollem Umfang an den Handel“ durchgereicht zu haben, gleiches gilt für Kohlhase & Kopp. Insbesondere Tabakfachgeschäften, die während des ersten Lockdowns im Frühjahr ganz schließen mussten, und anderen, die direkt oder indirekt unter Corona-Restriktionen leiden, greift dieses Vorgehen unter die Arme.

Fazit: Die bevormundende Antitabakgesetzgebung hat verhindert, dass Raucher als Endverbraucher von der Umsatzsteuersenkung profitieren konnten. Ob unter den Herstellern ein paar Tabakkonzerne es sich hätten leisten können, für einen Teilzeitraum der sechs Monate eine Senkung vorzunehmen, bleibt offen. Angesichts des neuerlichen Lockdowns, dessen angekündigtes Ende sich immer weiter nach hinten verschiebt, und der weiteren dauerhaften Beschränkungen wäre es im Übrigen adäquat, die Umsatzsteuersenkung ebenfalls über diesen Monat hinaus weiter gelten zu lassen.

MIB