Im Daumenschraubstock der Tabaksteuer

Im Daumenschraubstock der Tabaksteuer

Der Bundestag hat einen neuen Tabaksteuerexzess beschlossen: vier Erhöhungen von 2022 bis 2026.

Letztes Jahr hatte Netzwerk Rauchen noch nicht damit gerechnet, dass die nächste Kettenerhöhung der Tabaksteuer noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden würde. Denn der Widerstand innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen die Pläne von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) war zu groß.

Jetzt sieht alles ganz anders aus: Nicht nur hat man die Verabschiedung im Parlament noch unbedingt vor der Sommerpause (und damit vor der Bundestagswahl) durchgeprügelt, nein, man ist sogar noch über den Entwurf der Bundesregierung hinausgegangen, was die Besteuerung von Zigaretten, losem Tabak und Wasserpfeifentabak betrifft.

Im Januar 2021 hatte die Bundesregierung offiziell noch keine Pläne für eine Tabaksteuererhöhung, im Februar dann schon. Die Halbwertszeit von Politikerankündigungen ist nicht selten recht kurz… Sollten anfänglich in fünf Schritten für eine „Packung mit 20 Zigaretten am Ende 25 Cent mehr Steuern anfallen“, werden es nun doppelt so viel: Die Schachtel wird in vier Schritten schließlich 50 Cent teurer (2022 und 2023 je 10 Cent, 2025 und 2026 je 15 Cent). Analoges gilt für andere Tabakprodukte, für Dreh- und Stopftabak sogar überproportional. Und nicht vergessen: Im Wege der Mehrfachbesteuerung werden auch noch 19 Prozent Mehrwertsteuer auf die Tabaksteuer draufgehauen, der Ladenpreis steigt also entsprechend mehr. Bereits jetzt sind rund 75 Prozent des Kaufpreises einer Zigarettenpackung Steueranteil – je nach Preislage sogar bis zu 90 Prozent.

Für Wasserpfeifentabak wird selbst eine Zusatzsteuer eingeführt, und in den Bereichen Dampfliquids sowie Tabakerhitzer steigen die Steuern ebenfalls kräftig. Das vom Bundestag beschlossene Gesetz wird der der Bundesrat am Freitag abnicken.

Vielleicht hat jemand dort „Bauchschmerzen“ wie der Bundestagsabgeordnete Olav Gutting vom CDU-Wirtschaftsflügel? Obwohl er diese zu Protokoll gab, stimmte Gutting zu. Nicht ohne zu kritisieren: „Gerade die kleinen und mittelständischen Hersteller von Zigaretten und Feinschnitt, die auf eine Fortschreibung des Tabaksteuermodells gebaut haben, werden nun über alle Maßen belastet und werden nicht in der Lage sein, diese Erhöhungen an ihre Kunden weiterzugeben. Durch die stark ausgeprägte Preissensibilität werden mittelständische Produzenten leider besonders gebeutelt.“ Klartext, aber an die Verbraucher, an die Raucher, deren Portemonnaie am härtesten blutet, denkt auch er nicht.

Noch weniger sein Fraktionskollege Sebastian Brehm (CSU), der zusammen mit einem SPD-MdB die Verschärfung des Regierungsentwurfs im vergangenen Monat öffentlich unterstützt hatte. Brehm verdient neben seinem Parlamentsmandat Millionen als Steuerberater, hat die meisten Nebeneinkünfte aller Bundestagsabgeordneten ­– und erdreistet sich, die ohnehin schon turmhohe, unsoziale Tabaksteuer, die Arme besonders stark belastet, weiter raufzusetzen. Zynismus und Menschenverachtung pur.

In der Bundestagsdebatte dazu (siehe hier das Protokoll, gehaltene Reden ab S. 226 der PDF-Seitennummerierung, schriftliche eingereichte ab S. 292) wurde darüber kaum gestritten. Grüne und Linkspartei haben gegen das von Regierungskoalition beschlossene Gesetz gestimmt, weil ihnen die Steuererhöhungen für Tabakwaren eher nicht weit genug gehen, während sie im Gegenzug Dampfen u.ä. relativ erschwinglicher halten wollen, um Raucher zum Umstieg zu drängen. „Ganz ähnlich wie manche Ökos, die das Autofahren nicht ganz verbieten wollen“, schreibt Christoph Lövenich bei Novo, „sondern mittels obrigkeitlicher Anreize ‚Verbrenner‘ durch E-Autos ersetzen möchten“. So oder so eine staatliche Umerziehung der Tabakgenießer, die Netzwerk Rauchen ablehnt.

Auch der in unseren Kreisen seit vielen Jahren berüchtigte SPD-Abgeordnete Lothar Binding teilte mit, dass er gerne noch extremere Steuererhöhungen gehabt hätte, und dankte ausdrücklich der Anti-Tabak-Lobbyistin Martina Pötschke-Langer, als deren Schoßhündchen Binding seit 15 Jahren gegen den selbstbestimmten Lebensstil kläfft.

Und die FDP? Beklagte hauptsächlich das Hauruckverfahren der Koalition bei den Änderungen „mit hektisch zusammengeschusterten Zahlen“, stellte aber die Steuerhöhe bei den Tabakwaren nicht in Frage. Nur die AfD äußerte sich in einer Weise ablehnend, die Netzwerk Rauchen als Verbraucherorganisation begrüßen kann: „Wir möchten eine selbstbestimmte Entscheidung der Verbraucher, keine Bevormundung“, so eine Abgeordnete. Sie warnte – genau wie im Vorfeld Zöllnergewerkschaften – vor noch weiter um sich greifendem Schmuggel.

Fazit: Der Übergang von der melkenden zur schlachtenden Tabaksteuer – statt um Einnahmen für den Staat zu generieren geht es darum, dass Raucher um jeden Preis zum Aufhören gezwungen werden sollen –, geht mit den Erhöhungen Nr. 11 bis 14 seit der Jahrtausendwende unvermindert weiter. Und das, obwohl „Raucher längst Nichtraucher subventionieren“. Und unabhängig davon, welche Mehrheiten im Bundestag gerade bestehen. Aus unserer Sicht gilt daher umso mehr: „Schafft die Tabaksteuer ab!

MIB