„Endgame“ auf der kleineren Insel

„Endgame“ auf der kleineren Insel

Die Tabakprohibition für die nächsten Generationen wurde in Neuseeland zwar abgewendet, in Großbritannien droht sie aber.

Die gute Nachricht zuerst: Neuseeland bleibt von den besonders extremen Maßnahmen der Tabakbekämpfung (Tobacco Control), deren Einführung wir gemeldet hatten, bis auf weiteres verschont. Die Ende letzten Jahres angetretene neue Regierungsmehrheit hat den Plänen eine Absage erteilt, Menschen ab Jahrgang 2009 den legalen Erwerb von Tabakwaren generell zu verbieten. Auch andere heftige Einschnitte, wie die Minimierung des Nikotingehalts und die drastische Verringerung von Verkaufsstellen, sind erstmal vom Tisch. Stattdessen will die neue Regierung mit den turmhohen Tabaksteuereinnahmen Steuersenkungen an anderer Stelle finanzieren. Neuseeland bleibt allerdings auch so eine Hölle für Raucher. Interessanterweise wurde dort jetzt die Steuer auf Tabakerhitzer reduziert, um Tabakgenießer vom Rauchen wegzubekommen.

Und nun die schlechte Nachricht: Wie sich damals schon andeutete, will Großbritannien genau den in seiner ehemaligen Kolonie ursprünglich eingeschlagenen Weg gehen. Schon die Konservativen-Regierung unter Rishi Sunak hatte geplant, dass ab 2009 Geborene keine Tabakprodukte mehr kaufen dürfen. Das Mindestalter für den Erwerb sollte jedes Jahr um ein Jahr angehoben werden. „Endgame“ nennt man in Tobacco-Control-Kreisen eine solche Eskalation der Verbotspolitik. Innerhalb der Tories hatte es zwar Widerstand gegeben, etwa von den Ex-Premiers Liz Truss und Boris Johnson. Letzterer hatte sich darüber empört, dass ausgerechnet „die Partei Winstons Churchills Zigarren verbieten will“. Bei einer Gewissensentscheidung im Parlament – also über Parteigrenzen hinweg ohne Fraktionszwang – gab es trotz einer Reihe von Abweichlern in den eigenen Reihen eine Mehrheit für den prohibitionistischen Vorschlag – die damals noch oppositionelle Labour-Partei unterstützte ihn nämlich.

Das Gesetz kam nur durch die vorzeitige Beendigung der Legislaturperiode nicht zustande. Nun will die neue Labour-Regierung es wieder aufgreifen. Dass durch Wahlen im Vereinigten Königreich keine Wende bei der Lebensstil-Bevormundung eintreten würde, wurde schon 2010 auf der 2. Weltkonferenz der Internationalen Koalition gegen Prohibition (TICAP) in Den Haag festgestellt. Damals lösten die Konservativen Labour ab. Der Fall Neuseelands zeigt allerdings, dass ein Regierungswechsel auch mal positive Folgen zeitigen kann – mutmaßlich dank eines populistischen Koalitionspartners.

Die 1. TICAP-Konferenz wurde übrigens von der damaligen Fraktion Unabhängigkeit/Demokratie im EU-Parlament unterstützt. Deren Vorsitzender seinerzeit, Nigel Farage (damals UKIP, später Brexit Party), ist nun erstmalig ins britische Unterhaus eingezogen (für die Reform Party). Netzwerk Rauchen hofft, dass Farage mitsamt seiner – aufgrund des dortigen Wahlsystems unterproportional kleinen – Fraktion die Stimme gegen Prohibition und Raucherdiskriminierung erhebt.

MIB